Bücher die faszinieren
Don Quijote de la Mancha und die Bibliothek
Seit früher Jugend faszinieren mich Bücher aller Art: Die Bretter des Wohnzimmerschranks des elterlichen Hauses in Wolfersdorf bogen sich unter der Last schwerer Bildbände, Lexika, Belletristik und was sich sonst an Büchern ansammelte. Die Lieblingsbeschäftigung meiner Mutter während ihrer vielen Schwangerschaften, die sie zum Liegen zwangen, war, mit mir durch die vielen Kostbarkeiten zu blättern. Wenn sie keine Zeit fand, schmöckerte ich alleine. Folglich lernte ich über den Einfluß der ozeanischen Strömungen auf das Klima, die Entstehung des Kosmos und die Evolution, das Wunder des menschlichen Körpers und die Steinzeit... Eines Tages stieß ich auf Don Quijote de la Mancha. Besser gesagt, mein Vater gab mir das Buch. Wow, dieser Roman hat es mir angetan: Da kämpft einer für eine wahrhaft gute Sache, die Vernichtung des Bösen in Form von mächtigen Zauberern und monströsen Riesen. Letztere entpuppen sich jedoch als unermütliche und gnadenlose Windmühlen. Oh Weh!!! Der Kampf nimmt kein gloreiches Ende. Dieses Werk von Miguel Cervantes habe ich mindestens dreimal gelesen und unzählige Male im Fernsehen gesehen. Bevor ich seine besondere literaturgeschichtliche Bedeutung zu würdigen wusste, habe ich mich einfach nur totgelacht, zu drollig der alternde Junker mit Rosinante, dem klapprigen Steitross, sowie seinem bauernschlauen und treuergebenen Knappen Sancho Panza. In seiner Vielschichtigkeit erschließt sich dem aufmerksamen Leser immer wieder ein neuer Blickwinkel auf die Protagonisten. Dieses berühmte Werk steht gewissermaßen für den Begin der Neuzeit. Hier prallen alte Mythen auf die unumstößliche Realität der "Gegenwart". Irgendwie spürte ich sofort, dass diese Dichtung viel mit mir zu tun hat, mit meiner Art, die Wirklichkeit auch auf andere, zauberhafte Weise wahrzunehmen, und sei es nur in Träumen und der Phantasie. In dieser Tradition Cervantes' steht fast die gesamte lateinamerikanische, ja sogar Teile der neuzeitlichen Literatur überhaupt. Don Quijote selbst ließ sich von klassischen Ritterromanen in andere Sphären entführen; so kommt es in der diesseitigen Welt immer wieder zu Missverständnissen. Er möchte eine vermeintlich gefangene Prinzessin befreien und fällt vor einem Bauernmädchen auf einem Esel auf die Knie, weil er meint, Dulchinea, sein angebetetes Fräulein, zu erkennen. Er ist felsenfest davon überzeugt, sich im mythischen Mittelalter zu befinden und deutet die Gegenwart entsprechend um, zettelt Kämpfe und Schlägereien an, immer im Zeichen des vermeintlich Guten, die meist tragisch enden. Dennoch gewinnt er die Zuneigung und Sympathie seines Umfeldes, selbst des Fürsten. Erst am Ende seines rastlosen Lebens besinnt er sich, er kommt zur Einsicht; "...Daß es wohl von ihm kann heißen, Er starb klug und lebte närrisch."