Gott der Allmächtige und die Schöpfung
Katholisch im weiteren Sinne
Der Begriff „katholisch“ leitet sich aus dem Altgriechischen καθολικός = katholikós „das Ganze betreffend, allgemein, durchgängig“ ab. Es setzt sich aus der emphatischen Vorsilbe κατά (katá) und ὅλος (hólos) „ganz, vollständig“ her. Die katholische Kirche versteht sich als Allumfassende, also diejenige Gemeinschaft, die niemanden a Priori ausschließt. Gott liebt seine Schöpfung. Nur wir Menschen sind oftmals nicht fähig, die göttliche Liebe zu erwidern. Aus einfacher Ignoranz und von maßlosem Hass getrieben geraten wir immer wieder auf Abwege. Dabei sind wir von Gott berufen uns seiner grenzenlosen Liebe zu öffnen.
Wie jeder erahnen kann, sind meine Familie und ich katholisch, genauer gesagt "römisch katholisch" und zwar meist von Geburt an. Die Familie meiner Großmutter Antonie väterlicherseits kam aus Schlesien und hieß Schlesinger und ist zum Teil (?) Ende des 19. Jh. zum Katholizismus konvertiert. Damals war dies im Zuge des deutschen Nationalismus durchaus in Mode und mit Vorteilen verbunden. Juden waren generell ausgegrenzt und vielerorts benachteiligt, ja sogar mit dem Tode bedroht. Antisemitismus hat eine lange und furchtbare Tradition (...).
Die Vorfahren meines Großvaters Arthur mütterlicherseits wurden aus dem Salzburgischen vom Fürstbischof des Landes verwiesen. Eine protestantische Minderheit wollte den katholischen Glauben nicht annehmen und fand in Preußen eine neue Heimat. Meine Mutter berichtet, dass mein Urgroßvater Johannes widerum katholisch getauft wurde, höchstwahrscheinlich hatten die Österreicher Verständigungsprobleme (?) im hohen Norden Preußens.
Tragisch die Geschichte meiner kürzlich verstorbenen Großmutter Brigitta. Der junge Mann, der um ihre Hand anhalten wollte, war Protestant und sie noch minderjährig. Sie wurde von ihrer katholischen Mutter gezwungen, ihm einen Abschiedsbrief zu schreiben: "Er ist evangelisch, wenn Du ihn heiratest bringt mich das ins Grab, besser er tritt nicht über unsere Schwelle..." Erik, so hieß der Mann, meldete sich trotz Verwundung zur Front, um zu sterben, der einzige Sohn seiner Mutter. Brigitta heiratete Arthur, ihre Tochter, meine Mutter Eleonore ist tief gläubig und ein sehr guter Mensch, doch die Ehe ihrer Eltern war problematisch.
Diese Anekdoten aus meiner Familie zeigen im Kleinen, wie fanatisch Menschen agieren können, wenn sie sich durch Dogmatismus und falsch verstandene Orthodoxie leiten lassen. Im Großen entstehen lokale und sogar weltweite Krisen und Konflikte, die sich unter Umständen zu erbitterten Kämpfen und verheerenden Kriegen ausweiten. In seiner Predigt äußerte ein Priester einmal folgenden Wunsch: Die Welt würde innerhalb von 24 Stunden Ihr Gesicht verändern, wenn... (Mir ist der Wortlaut entfallen, als ich es hörte war ich Kind.) - Doch allein die Möglichkeit, die Prophezeihung, dass sich alles zum Guten wandeln möge, wenn wir Gottes Wort hören und befolgen, erfülle uns mit Zuversicht.
Papst Franziskus erklärte bei seinem Amtsantritt, er käme aus einem Lande am anderen Ende der Welt. Diese Erklärung wurde Programm: Und ob die verknöchterte Kirche von einem Lateinamerikaner im Allgemeinen und von einem argentinischen Jesuiten im Besonderen etwas lernen kann! Die Kirche auf der südlichen Hemisphäre beheimatet viele progressive Theologen. Die Befreiungstheologie oder Theologie der Befreiung ist eine in Lateinamerika entstandene Richtung der Theologie, die sich auf Ungleichheit und Ungerechtigkeit bezieht und den Armen und benachteiligten Bevölkerungsschichten eine Stimme verleiht. Oft als marxistische Ausgeburt der Hölle verfemt, wurden ihre Vorkämpfer exkommuniziert oder getötet.
Seit Jahrhunderten waren Theologen nicht nur darum bemüht, Heiden und Ungläubige zu christianisieren, sie hatten vielmehr ein Interesse daran, die vorgefundenen Religionen zu verstehen und zu inkulturieren. Aus meiner Sicht ist dies die einzige Möglichkeit, das Göttliche ungeteilt und allen Menschen erfahrbar zu machen. Jeder Mensch hat Anteil an Gott, ob er nun von Christus weiß oder nicht.