Gott der Allmächtige und die Schöpfung

Im Anfang erschuf Gott Himmel und Erde. Die Erde war wüst und wirr und Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser. Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht. Gott sah, dass das Licht gut war...
Gott liebt seine Schöpfung. Nur wir Menschen sind oftmals nicht fähig, die göttliche Liebe zu erwidern. Aus einfacher Ignoranz und von maßlosem Hass getrieben geraten wir immer wieder auf Abwege. Dabei sind wir von Gott berufen uns seiner grenzenlosen Liebe zu öffnen. Es sei uns nicht gestattet, diese seine Schöpfung zu zerstören und uns und unsere Mitmenschen der Lebensgrundlage zu berauben. Wie Noah in der Arche der Sintflut entkommt, sitzen wir alle in dem selben Boot, das immer wieder der Gefahr des Kenterns ausgesetzt ist. Über alle weltanschaulichen Differenzen hinaus müssen wir uns in Liebe verständigen und die großen Herausforderungen dieser Welt meistern.
Katholisch im weiteren Sinne
Geschichten aus meiner Familie
Der Begriff „katholisch“ leitet sich aus dem Altgriechischen καθολικός = katholikós „das Ganze betreffend, allgemein, durchgängig“ ab. Es setzt sich aus der emphatischen Vorsilbe κατά (katá) und ὅλος (hólos) „ganz, vollständig“ her. Die katholische Kirche versteht sich als Allumfassende, also diejenige Gemeinschaft, die niemanden a Priori ausschließt.
Wie jeder erahnen kann, sind meine Familie und ich katholisch, genauer gesagt "römisch katholisch" und zwar meist von Geburt an. Die Familie meiner Großmutter Antonie väterlicherseits kam aus einer Ortschaft in Schlesien Namens Schtetl und hieß Schlesinger, ein zumeist jüdischer Name. Ende des 19. Jh. konvertierte ein Teil der Juden zum Katholizismus, so auch die Vorfahren meines Vaters. Damals war solch eine Entscheidung im Zuge des deutschen Nationalismus durchaus in Mode und mit Vorteilen verbunden. Juden waren oft ausgegrenzt und vielerorts benachteiligt, ja sogar mit dem Tode bedroht. Antisemitismus hat eine lange und furchtbare Tradition (...).
Die Vorfahren meines Großvaters mütterlicherseits, sein Name war Arthur Senger, stammten aus dem Salzburgischen und waren ursprünglich Protestanten, sogenannte "Salzburger Exulanten". Sie gehörten zu einer protestantischen Minderheit, die sich aus religiöser Überzeugung weigerte, den katholischen Glauben der Herrschenden und somit der Allgemeinheit anzunehmen. Nachdem sie aus Österreich vertrieben wurden, fanden die meisten der Salzburger Exulanten in Preußen eine neue Heimat. Meine Mutter berichtet, dass mein Urgroßvater Johannes widerum katholisch getauft wurde, höchstwahrscheinlich hatten die Österreicher Verständigungsprobleme (?) im hohen Norden Preußens.
Tragisch die Geschichte meiner kürzlich verstorbenen Großmutter Brigitta. Der junge Mann, der um ihre Hand anhalten wollte, war Protestant und sie noch minderjährig. Sie wurde von ihrer katholischen Mutter gezwungen, ihm einen Abschiedsbrief zu schreiben: "Er ist evangelisch, wenn Du ihn heiratest, bringt mich das ins Grab, besser er tritt nicht über unsere Schwelle..." Erik, so hieß der Mann, meldete sich trotz Verwundung zur Front, um zu sterben, der einzige Sohn seiner Mutter. Brigitta heiratete Arthur, ihre Tochter, meine Mutter Eleonore ist tief gläubig und ein sehr guter Mensch, doch die Ehe ihrer Eltern war problematisch.
Diese Anekdoten aus meiner Familie zeigen im Kleinen, wie fehlgeleitet Menschen agieren können, wenn sie sich durch religiösen Fanatismus und falsch verstandene Orthodoxie leiten lassen. Im Großen entstehen lokale und sogar weltweite Krisen und Konflikte, die sich unter Umständen zu erbitterten Kämpfen und verheerenden Kriegen ausweiten. In seiner Predigt äußerte ein Priester einmal folgenden Wunsch: Die Welt würde innerhalb von 24 Stunden Ihr Gesicht verändern, wenn... (Mir ist der Wortlaut entfallen, als ich es hörte war ich Kind.) - doch allein die Möglichkeit, die Prophezeihung, dass sich alles zum Guten wandeln möge, wenn wir Gottes Wort hören und befolgen, erfülle uns mit Zuversicht.
Neue und alte Wege
Papst Franziskus erklärte bei seinem Amtsantritt, er käme aus einem Lande am anderen Ende der Welt. Diese Erklärung wurde Programm: Und ob die verknöchterte Kirche von einem Lateinamerikaner im Allgemeinen und von einem argentinischen Jesuiten im Besonderen etwas lernen kann! Insbesondere die Kirche auf der südlichen Hemisphäre beheimatet viele progressive Theologen. Die Befreiungstheologie oder Theologie der Befreiung ist eine in Lateinamerika entstandene Richtung der Theologie, die sich auf Ungleichheit und Ungerechtigkeit in Kirche und Gesellschaft bezieht und den Armen und benachteiligten Bevölkerungsschichten eine Stimme verleiht. Als marxistische Ausgeburt der Hölle verfemt, wurden ihre Vorkämpfer oft innerhalb der Kirche verfolgt oder von Vertretern konservativer Kräfte getötet.
Seit Jahrhunderten waren fortschrittliche Theologen nicht nur darum bemüht, Heiden und Ungläubige zu christianisieren, sie hatten vielmehr ein Interesse daran, die vorgefundenen Religionen zu verstehen und zu inkulturieren. Aus meiner Sicht ist dies in vielen Fällen die einzige Möglichkeit, das Göttliche ungeteilt und allen Menschen erfahrbar zu machen. Jeder Mensch hat Anteil an Gott, ob er nun von Christus weiß oder nicht.

Persönliche Erfahrungen
Das Erbe
Wie bereits erwähnt gründet sich meine Biographie auf ein jüdisch-christliches Fundament. Mein kürzlich verstorbener Vater Gert Joachim wollte in jungen Jahren Jesuit werden. Er war ein glühender Marienverehrer und später etliche Jahre Präfekt der Marianischen Männerkongregation in Freising. Meine Mutter Eleonore Eva Maria studierte Humanmedizin mit dem Ziel, Missionsärztin zu werden. Sie pflegt eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus, die einzige Offenbarung Gottes. Beide hatten ein kleines Studium der Theologie absolviert. Bemerkenswert, meine Eltern lernten sich nach der heiligen Messe vor der Kirche der Studentengemeinde der Universität Hohenheim kennen.
Ein Zweifel an der Wahrheit des Glaubens existiert für mich nicht. Jeder Mensch glaubt anders, die Wahrheit liegt in Gottes Allmacht. Zu dieser Auffassung kam ich bereits früh. In unserem großen Haus verkehrten verschiedene Nationen mit unterschiedlichem kulturellem und religiösem Hintergrund. Bereits als Kind erfuhr ich in vielen Diskussionen von weltanschaulicher Vielfalt. Ist nun die menschliche Weisheit relativ und nur göttliche Wahrheit absolut? Die Gegensätze und Widersprüche heben sich in der Unendlichkeit auf. Das ist meine Überzeugung.
Islamische Freunde
Meine Eltern, wir Kinder und Afdullah pflegten eine innige Freundschaft. Er war als Gastarbeiter aus dem Kosovo nach Wolfersdorf gekommen, da die neugotische Kirche renoviert wurde. Wir spielten gerne Schach, auch Mühle und gelegentlich Dame. Später folgte seine Familie, Ehefrau Djylah, die mittlere Tochter Dyk und die beiden Jüngsten, die Söhne Senel und Bojan, im wahrsten Sinne des Wortes eine grenzenlose Freundschaft. Als Muslime verzichteten sie auf Schwein, ansonsten wurde Religion nicht überbewertet. Großgeschrieben hingegen wurden Familie und Gemeinsinn aber auch Tradition und nationale Zugehörigkeit. Die Verwandtschaft hält zusammen, wehe wenn ein Familienmitglied die ungeschriebenen Gesetze übertritt und gegen den Ehrenkodex verstößt. So wurden wir Zeugen eines skipetarischen Liebesdramas, Gott sei Dank mit Happy End. Auf der Hochzeitsfeier Ihrer Schwester Meriam sah Dyk zum ersten Mal Adem. Adem kam aus zerrütteten Familienverhältnissen, seine Mutter Hava war verstoßen und daher alleinerziehend. Beide lebten in bitterer Armut, somit war Adem alles andere als ein standesgemäßer Bräutigam. Mit Afdullahs Heiratssegen war also unter keinen Umständen zu rechnen, vielmehr wurde Dyk in Deutschland unter väterlichen Schutz gestellt. Wahrscheinlich ahnte Afdullah bereits, wozu ein liebendes Paar imstande sein kann. Adem "entführte" Dyk (...) Meine Eltern vermittelten im familiären Streit, der blutige Rache vorgesehen hätte, und brachten die verfeindeten Parteien zusammen. Dyk und Adem entkamen auch dem Jugoslawienkrieg und leben mit Hava und ihren Kindern in Schweden.
Wenig islamistisch denkt, spricht und handelt auch mein persischer Freund Alí. Ich schätze ihn sehr, hilfsbereit und absolut liebenswürdig, das ist Alí. Als Raisi bei einem Helikopterabsturz ums Leben kam, bekundete ich vorsichtshalber mal mein Beileid, ich will nicht sagen, dass ich so etwas wie Bestürzung heuchelte. Wozu eigentlich?! Leider wird Islam gerade in der aktuellen Situation fast ausschließlich negativ konnotiert. Vergessen sind all die kulturellen und wissenschaftlichen Leistungen islamischer Gelehrter. Vergessen die tiefe Freundschaft, das gegenseitige Verstehen und die fruchtbare Toleranz vergangener Zeiten.